Yoga of Caring

  • Der Titel stammt von Hansaji und Dr. Jayadeva Yogendra. Sie haben diesen Begriff geprägt und durch ein gleichnamiges Buch veröffentlicht. Caring übersetzt heißt Pflege oder Fürsorge aber auch Sicherheit. Meiner Überzeugung nach ist Pflege oder auch Fürsorge im Kontext des Klassischen Yoga eine der edelsten, höchsten inneren Einstellungen zu welcher der ernsthaft Praktizierende in der Lage ist um das ferne Ziel im Yoga zu erreichen.

    Betrachtet man die Praxis und die traditionellen entwickelten Yogatechniken sehr genau und nimmt sie in den Focus, lässt sich ein Potenzial erkennen, welches Empathie fördert und auf die Integration der ganzheitlichen Persönlichkeit hinweist.
    Integration der Persönlichkeit bedeutet auf allen unseren menschlichen Ebenen ruhig und ausgeglichen zu sein und auch dem entsprechend zu leben und zu handeln.

    Von meinem Yogalehrer Sri Gerhard Unger ( 1948 - 1989 ) habe ich einst die Lektion erhalten, dass alle Handlungen im YOGA mit einer lebensbejahenden Grundhaltung ausgeführt werden. Da Sri Gerhard Unger am Yogainstitut von Sri Yogendra, seiner Frau Sita Devi, Dr. Jayadeva samt Hansaji ausgebildet wurde, hatte er direkten Zugang zu weit aus mehr Informationen, als wir uns heute vorstellen können.
    Eines der wichtigsten Formulierungen von Anfang an von Sri Yogendra war: Disziplin und Hingabe als innere Einstellung zu kultivieren, bei all unseren Aktivitäten. Disziplin ein Wort, dass die Römer kreiert haben, ist den meisten geläufig und klar. Disziplin nicht in der landläufigen Bedeutung des deutschen Sprachgebrauches, eher im Sinne von, die einzelnen „Haltestellen unseres Yoga - Weges entschlossen ansteuern“.

    Mit dem Wort „Hingabe“ verhält es sich zumindest im Westen ganz anders. Damit haben viele Yogateilnehmer zumindest vorübergehend ein Problem. In eine Yogapraxis Gefühle mit hineinzunehmen stellt für einige eine Blockade dar, die allerdings durch die Routine bald nachlässt und an deren Stelle Harmonie entstehen kann, wenn wir es zulassen. Hingabe ist der meist fehlende Schlüssel in der Yogapraxis, wie auch oft im Leben.

    Nun ging Sri Yogendra noch einen Schritt weiter, die komplette Aussage war: Um im Yoga etwas zu erreichen brauchen wir Ernsthafigkeit, Disziplin, Hingabe und das Ziel, also das, was wir damit erreichen wollen. Das Ziel im Yoga ist immer Selbsterkenntnis zum einen und Selbstverwirklichung zum anderen. Beide Wörter bzw.. Begriffe sind unterschiedlich. Ergänzen sich schließlich im Finale des Yogaweges.

  • Wir können im Alltag etwas machen, z.B. Hausarbeit, Einkaufen, etwas arbeiten oder ähnliches und dabei eine Erkenntnis bekommen. Das ist ganz natürlich. Damit meine ich, eine Erkenntnis über uns selbst, durch unsere ständig sich kreisenden Gedankenkomplex. Wie wir diese Erkenntnis in unser Leben anwenden, oder ob sich diese Erkenntnis in unsere Selbstverwirklichung umsetzen lässt, steht auf einen anderen Blatt.

    Mensch, „Erkenne dich selbst“, steht über den Eingang eines griechischen Tempel aus der Antike. Genügt es, wenn wir uns selbst erkennen? Ja, es ist allerdings der erste Schritt. Zuerst ist immer die Erkenntnis da, weil daraus wahrscheinlich eine Änderung in unseren Gewohnheiten möglich wird, die uns weiterbringt, wenn unser Leben sich dadurch praktisch verbessert. Die Selbstverwirklichung braucht in der Regel schon etwas mehr Energie als die reine Erkenntnis. Die Beispiele dafür sind zahllos.

    Zu meinen Studenten sage ich oftmals mit einen Augenzwinkern: Der Yogaweg nach Patanjali, diese Acht Stufen sind vergleichbar mit einer Reise auf den Himalaya! Das Ziel ist der Gipfel auf über achttausend Höhenmeter. Dort oben ist die Luft so dünn, das es nur die gut trainierten, voll geübten Bergsteiger wirklich ganz bis nach oben schaffen.

    Bis zum Basislager schaffen es relativ viele, wobei selbst das bereits eine enorme Herausforderung ist. Dazu verhilft uns eine besondere Innere Einstellung.

    An dieser Einstellung arbeiten wir täglich durch unsere praktische Yoga – Routine. Gibt es dabei Hindernisse oder Widerstände so arbeiten wir gerade daran, um unsere innere Einstellung zu optimieren. Um eine innere Einstellung im Kontext des Yoga bei uns zu aktivieren gibt es die Möglichkeit der Pflege oder auch Fürsorge für uns selbst und unseren nächsten. Alles was wir tun und machen, kann dem Leben dienen, so auch uns selbst. Je feiner, achtsamer und grundsätzlich freundlich das geübt und auch getan wird desto mehr bildet sich unsere innere Einstellung heraus. Diese Einstellung gelebt durch die Praxis des Yoga bezeichne ich als „Yoga of Caring.“

    „Im Klassischen Yoga werden alte Illusionen aufgelöst und keine neuen geschaffen.“


    Shri Gerhard Unger 1978, Yogalehrer von Reinhold Griesch